3.1.2021 – P. Lorenz Voith CSsR, Wien-Marienpfarre
Heute hörten wir wiederum den Beginn des Johannes-Evangeliums.
Genau wie am Christtag, wo es schon einmal vorgesehen wurde.
Am „Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott“. Dieses war im Anfang bei Gott. „Und das Wort ist Fleisch ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“.
Ja. Das Wort.
Wie erkennen wir Gott? Wie erkannten die Menschen vor uns Gott?
In allen Religionen, in den Kulturen? Vielleicht in sehr viel Kulten, Ritualen, vielleicht auch vielen, vielen Worten, …Der Heiligen Schriften.
Natürlich gab es dann immer mehr Zweifler, die diesen beschriebenen und gefeierten Gott nicht mehr anhangen wollen.
Drei Aspekte möchte ich heute öffnen:
Ein erster Aspekt:
Warum wurde Gott Mensch? Cur Deus homo? So in Lateinisch. Wie erkennen wir diesen Gott? Fragen, die sich Theologen und Andere seit zweitausend Jahren stellten.
Und sie haben viele Antworten versucht zu finden: Und haben auch Antworten gefunden.
Mit vielen Worten. Ja, mit hunderttausenden von Seiten, von Worten; Büchern, Thesen, …
ja auch Dogmen, …
Immer schon hat mich persönlich die Astronomie fasziniert. Obwohl ich nie ein großes Fernrohr besaß, habe ich viele Berichte, Bilder und andere Informationen gesammelt.
Dieses Universum. In meinem Büro hängt auch ein großes Foto: Blick vom Mond auf die Erde, … rund herum „Dunkel“. Oder mit kleinen Lichtfenstern -der Sterne.
Milliarden von Sternen; das Licht Millionen von Jahren zu uns unterwegs.
Ein wahres Sternen-Meer. Und vor allem – so weit wir wissen. Stille. Kein Wort. Schweigen. Im All.
Diese göttliche Kraft zeigt sich immer schon in anderer Weise. Auch.
Das Universum ist geordnet, hat einen letzten Sinn; Gesetze, die wir nur teilweise wissenschaftlich durchschauen, …
Ich versuche heute etwas umzuschreiben: Am Anfang war das Schweigen.
War das Stille – für uns unhörbare – Licht. Und das Schweigen, das Licht war Gott selbst.
Und dieses Licht kam in seinem Schweigen auf diese Welt. Und es wurde Mensch.
Wir kennen Worte der Heiligen Schrift.
Wir kennen viele Erzählungen und Lehrbeispiele von Jesus. Viele Worte. Eigentlich.
Doch es gibt Szenen in den Evangelien, da herrscht nicht das Wort.
Sondern das Schweigen. Die Stille, eine eigenartige Stille.
So bei der sog. Sünderin vor Jesus. Sie wollen sie steinigen. Jesus wird befragt.
Er schweigt. Und schreibt in den Sand. Schweigen. Erst dann das Wort.
Wenn einer von euch ohne Sünde ist, werfe er den ersten Stein.
Die Stille in der Wüste.
Ein eigenes Schweigen erfahren wir dann im Ölberg. Später am Kreuz:
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen.
Scheinbar keine Antwort. Kein Impuls. Sondern sogar in dieser Situation das Schweigen Gottes. Bis dann: Es ist vollbracht.
Wie können wir Gott erfahren? Einige der großen Wüstenväter und Mystiker haben es schon immer unterstrichen: Eigentlich wirklich nur im Schweigen.
In einer anderen Stille. Wo Worte zu viel sind.
Ignatius von Loyola hat dies in seinen Exerzitien besonders eingefordert.
Ein Zweiter Aspekt:
Das Schweigen Gottes- das muss ausgehalten werden. Auch in Zeiten der Kriege, Katastrophen, Pandemien, Ungerechtigkeiten, … auch bei schwerer Krankheit und Leid.
Auch die Frage nach dem Sterben: Muss ausgehalten werden.
Auch wenn es für viele SINN-LOS scheint, …
Dom Helder Camara, der große brasilianische Erzbischof und Kämpfer für die Armen, schrieb einmal aus seinen Erfahrungen: „Wenn ich auf Menschen stoße, die ein großes Unglück getroffen hat, käme mir nicht der Gedanke, ihnen in einer solchen Situation von Gott zu erzählen. Nein. Aber mir kommt in einer solchen Situation immer der Gedanke, dass ich selbst Gott von dem großen Unglück der in Not geratenen Menschen erzähle“.
Ein interessantes Wort.
Papst Franziskus schreibt in seinem letzten Buch, welches vor Weihnachten erschienen ist, auch von seiner schweren Erkrankung. Als Seminarist. Es stellte sich heraus, es war eine sehr schwere Lungenkrankheit. Zwischen Leben und Tod. Ein Teil der Lunge musste entfernt werden. Wochenlang lag er in der Klinik. Viele Verwandte, Bekannte, Mitstudenten, … besuchten ihm. Viele trösteten ihn. Du schaffst es. Es wird bald besser. Wir beten für dich.
Alles das war für ihm -wie er schreibt – nicht hilfreich oder tröstete ihn nicht.
Eine Ordensschwester, die ihm dann auch entscheidend half mit einer doppelten Portion von Medikamenten, gegen das Anraten der Ärzte, sie kam immer wieder ans Bett.
Sie sagte überhaupt nichts. Sie hielt nur die Hände. Mit einem inneren Gedenken – ohne Worte. Das, so Franziskus, gab ihm sehr, sehr viel Mut und Trost.
Manchmal. Das Schweigen. Die Stille.
Ein dritter Aspekt:
Es gibt Worte, die können verletzen. Es gibt Worte, die können aufrichten. Die können heilen. Informieren. Es gibt Worte, die können Leben ermöglichen.
Oder aber das Leben sehr, sehr schwer machen. Es gibt aber auch stille Worte.
Viele junge Menschen sind nur mehr mit Kopfhörer unterwegs.
Das ist der Trend der Zeit. Wir sollten nicht darüber lästern. So ist es einmal.
Viele beschäftigen sich auch unterwegs– in der Straßenbahn, U-Bahn, usw. mit ihrem Handy. Es gibt immer etwas zu sehen, zu hören. One-Line-sein.
Haben Sie schon einmal Exerzitien mitgemacht. Auch „Schweige-Exerzitien“.
Die höchste Form von Exerzitien ist immer wieder das Finden der tiefsten Stille. In uns selbst.
Das kann auch in einer Liturgie geschehen. Das kann aber auch zu Hause sein. Wo alles ruhig ist. Wo wir auf ein Kreuz blicken. Menschen in uns hereinholen.
Oder einfach nichts bedenken. Leer werden.
Nur in dieser Form werden wir oft Hörende.
Auch auf das Schweigen Gottes.
Am „Anfang war das Wort und das Wort war Gott“. Ja, dass ist richtig.
So haben wir es im Evangelium gehört. Am Anfang war das Licht. Und das Licht wurde Mensch. Gott selbst. Wir können letztlich nur erahnen: warum und wieso.
Überlegen wir aber auch einmal den Satz: Am „Anfang war das Schweigen und das Schweigen war Gott“. Und dieses Schweigen – in einem Licht – kam zu uns auf diese Welt.
Es gab allem einen letzten Sinn.
Wir sind eingeladen, diesem Schweigen auf die Spur zu kommen.
Auch heute und in dieser Zeit des Lockdowns.