Gedanken zum Karfreitag

„Was ist Wahrheit?“ und „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“. Impuls von Pater Lorenz Voith

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Zwei Aspekte zum Karfreitag. Mit der Einladung, diese mit mir weiterzudenken.

Ein erster Aspekt: In der Passionsgeschichte wird uns vom Gespräch oder Verhör zwischen Pilatus und Jesus berichtet. Darin folgt auch der Ausspruch von Pilatus: „Was ist Wahrheit“ Was ist Wahrheit – auch für uns heute, im Spiegel der Passion, des Evangeliums, der Lehre der Kirche – durch 2000 Jahre. Der italienischer Philosoph, Luigi Poreyson (+1991), ein Lehrer von Umberto Eco, dem großen Schriftsteller, sagte dazu zusammenfassend: „Wahrheit ist immer interpretationsbedürftig, nie relativ und stets schöpferisch“: Schöpferisch: d.h. kreativ. Thomas Halik, der tschechische Theologe und Schriftsteller meinte zum Thema Wahrheit: „Die Wahrheit ist ein Buch, das noch keiner von uns zu Ende gelesen hat“.

Ist nicht die Wahrheit im Kontext der Kirche – mit all den Themen, die uns heute beschäftigen, weltweit, in Österreich, im Burgenland, in der Gesellschaft? Wahrheit ist für uns Christen nicht eine starre Haltung, etwas dogmatisches, sondern eine lebendige Person: Jesus Christus. Und um diese Person geht es uns immer wieder. Wie schaffen wir es, uns an diese Person heranzutasten. Jedenfalls sehe ich das so. Vielleicht kommen wir uns da nahe? Vom hl. Benedikt heißt es: Wir sind Suchende, nicht Angekommene. Betrachten wir die Passion auch unter diesem Aspekt.

Ein zweiter Aspekt: Ein Wort in der Leidensgeschichte, auch an Karfreitag begleitet oder erschüttert uns: „Eli, Eli, lama sabachtani“. Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen. Ein erschütterndes Wort. Dieser Ruf von Jesus, den der Evangelist verwendet, ist aber nicht ein Schrei in die Dunkelheit des Lebens, sondern ein Gebet. Und ein Gebet ist nie ein Akt der Verzweiflung, wie Bischof Reinhold Stecher in seinen Überlegungen zum Kreuzesgeschehen sehr klug vermerkt.
Dieses Wort stammt aus dem kostbarsten Gebetsschatz des Judentums. Die jüdischen Zeitgenossen kannten diesen Psalm 22 auswendig. Es ist immer ein Lied eines armen Menschen, welches in Todesnot empfunden wurde. Es ist ein letztlich hoffnungsvolles Gebet-in aller Verlassenheit. Dieses Gebet war jahrhundertealt vor Jesus bekannt. Einige unter dem Kreuz sagen: Er ruft nach Eli. Eine Ablenkung- vielleicht bewusst. Sie kannten nämlich den Psalm. Der Psalm beschreibt auch die Kreuzigung, die Schmach. Und zum Schluss des Psalms heißt es: Ki saa. Er hat‘s vollbracht.

Wie geht es uns damit? Ich denke, es gab und gibt nicht wenige Menschen, die auch das Wort vom Psalm 22 sinngemäß sprechen oder gesprochen haben: Warum Gott, hast du mich verlassen. Das darf auch sein. Es bleibt oft eine Leere im Raum, …

Zugleich: Wenn es Gott gibt – und wir glauben daran: Es gibt eine Antwort. Es gibt eine Lösung. Eine Erlösung. Das macht uns vielleicht gelassener. Jedenfalls mich persönlich. Vielleicht auch einige von Ihnen.

Impuls gehalten bei der Trauermette im Dom zu Eisenstadt – 29.3. 2024t

Bild. Evangelisch.de

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